Für manche ist er der reichste lebende Künstler Grossbritanniens. Für andere ist er überhaupt keiner. Laut eigener Definition ist Damien Hirst Künstler, Unternehmer und Sammler. Eben diese Mischung ist es, die Kunstkritiker so gegen ihn aufbringt, während sie andere fasziniert.

Damien Hirst konnte sich schon immer gut verkaufen. Aufgewachsen in schwierigen Verhältnissen in der Arbeiterstadt Leeds erkämpfte er sich ein Kunststudium am renommierten Goldsmith College und wurde Anführer der „Young British Artists“, die in neunziger Jahren lärmend die Bildfläche betraten. Unter dieser Marke nahm ihn Großsammler Charles Saatchi unter seine Fittiche. 1995 bekam er für vier eingelegte Kuhhälften („Mother and Child, Divided“) den Turner-Preis.

Werke, die zunächst niemand in sein Wohnzimmer stellen würde, wusste Hirst wie ein gewiefter Broker zu vermarkten: Mit einem geschickten Spiel aus An- und Verkauf seiner Arbeiten trieb er deren Marktwert in fantastische Höhen. Für den berühmten in Formaldehyd eingelegte Hai aus dem Jahr 1991 blätterte Hedgefondsmanager Steven Cohen 9,4 Millionen Euro hin.

Legendär ist der Verkauf des mit 8601 Diamanten besetzten Platinschädels „For the Love of God“ von 2007. Angeboten für 75 Millionen Euro blieb er zunächst liegen. Obwohl einige Russen und Araber Interesse zeigten - Popstar George Michael soll um einen zehnprozentigen Discount gebeten haben - ging der Zuschlag schließlich an eine Investorengruppe, der Hirst selbst angehört. So hat er weiterhin Kontrolle darüber, wo der Schädel ausgestellt wird und an wen er verkauft wird.

Hirsts größter Coup jedoch war die Auktion bei Sotheby’s in London im September 2008. Als erster Künstler war er direkt an die Käufer herangetreten und brachte ohne zwischengeschaltete Galerie eine ganze Ausstellung an den Mann - für die rekordverdächtige Summe von 111 Millionen Pfund. Und das einen Tag nachdem die Lehman-Bank zusammengebrochen war. Für Hirst ein Schlüsselerlebnis: „Nach der Auktion liebte ich es, die Bond Street entlang zu schlendern und von den Geschäftsleuten erkannt zu werden. Das hatte ich noch nie zuvor erlebt“, sagte er in einem Interview.

Zwar verkaufen sich Hirsts Arbeiten heute immer noch gut, besonders die Spotpaintings mit den regelmäßig aufgereihten Farbpunkten erzielen weiterhin hohe Preise, aber der ganz große Hype ist vorbei. Die Werkstatt, in der zeitweise 180 Mitarbeiter arbeiteten, ist aufgelöst. Für seine Versuche sich als Maler zu etablieren, erntete Hirst reichlich Kritikerhäme. Der Preisverfall seit der Krise habe jedoch auch etwas Gutes, findet Hirst: „Es wurde unrealistisch. Man fängt irgendwann an zu glauben, man wäre von Gott berührt worden.“

Und schließlich ist Hirst ja nicht nur Künstler. Er ist eben auch Unternehmer und Sammler. So konzentriert sich der Fünfzigjährige (bei Erscheinungsdatum) nun auf seine Shops in London und New York, in denen er Merchandise-Artikel und Reproduktionen seiner Werke verkauft - zu Kunstmarktpreisen versteht sich. In der südenglischen Grafschaft Devon plant Hirst eine Öko-Siedlung mit 750 Häusern, einer Grundschule, Geschäften, Gesundheitseinrichtungen, Sportanlagen und einer Kleingartensiedlung. Im benachbarten Küstenort Ilfracombe gibt es schon ein Hirst-Restaurant, einen Hirst-Shop und eine Hirst-Statue, die er der Stadt temporär geliehen hat. Und in London eröffnet Hirst im Sommer ein Museum für seine Sammlung. Hirsts eigene „Saatchi Gallery“.

Der Business Artist

Der britische Künstler Damien Hirst zählt zu den teuersten. Während des Kunstmarktbooms glaubte er zweitweise, von Gott berührt worden zu sein. Nun kümmert er sich vor allem um seine Geschäfte und baut ein Museum.

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